Die Macht des Geruchs im Fundraising
- Olav Bouman
- 29. Sept. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. März

Immer wenn ich den Duft von Zigarren wahrnehme, werde ich schlagartig in meine Kindheit zurückversetzt. Mein geliebter Großvater war Zigarrenraucher. Sobald mir dieser Geruch in die Nase steigt, sehe ich mich wieder als kleiner Junge an seiner starken Hand durch meine Heimatstadt laufen. Oder ich sitze bei seinem Schneider auf einem Schemel und beobachte, wie ein neuer Anzug für ihn angemessen wird. Ein warmes Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit durchströmt mich.

Szenenwechsel. Ich bin vier Jahre alt und seit ein paar Tagen im Krankenhaus. Vor mir steht ein Teller mit Fleisch, Kartoffeln und Roter Bete. Ich hasse Rote Bete. Der Geruch ist intensiv, fast aufdringlich. Die Krankenschwester versucht, mich zum Essen zu zwingen. „Wer die Rote Bete nicht isst, bekommt auch kein Eis zum Nachtisch“, sagt sie streng. Ich hadere kurz, aber mein Sturkopf siegt. Ich rühre sie nicht an.
Meine Frau und meine Kinder lieben Rote Bete. Jedes Mal, wenn ich diesen Geruch wahrnehme, sitze ich wieder als kleiner Junge an diesem Tisch und all die widerstreitenden Gefühle von damals kehren zurück.
Viele von uns kennen solche olfaktorischen Trigger. Düfte können Erinnerungen wecken schöne, aber auch traumatische. Sie dringen in die tiefsten Schichten unseres Gedächtnisses vor.
Doch was hat das mit Fundraising zu tun?
Der Geruch als Türöffner für Emotionen
Wenn man die Kraft von Geruchserinnerungen im Fundraising nutzen könnte, hätte man ein mächtiges Instrument zur Hand. Denn wir wissen: Emotionen sind der Schlüssel zum Erfolg.
Während meiner Zeit als Marketingleiter der CBM entwickelten mein Kollege Günther Lindemann, sein Team und ich Ende der 90er ein Mailing, das gezielt den Geruchssinn ansprach.
Günther hatte auf einer Werbemesse eine kleine Platte aus Bienenwachs entdeckt, aus der man mit einem beiliegenden Docht eine Kerze rollen konnte. Der intensive Duft nach Bienenwachs weckte sofort Erinnerungen an Weihnachten. Uns war schnell klar: Diese „Kerze“ musste ins nächste Weihnachtsmailing – in einer Auflage von 300.000 Stück!
Der Lieferant war sprachlos, als wir unsere tonnenschwere Bestellung aufgaben. Doch die größere Herausforderung lag woanders: Wie bringt man 300.000 weiche, klebrige Wachsplatten samt Docht, Brief und Überweisungsträger in einen Umschlag? Es gab keine automatisierte Lösung. Also nutzten wir unsere guten Kontakte zu Behindertenwerkstätten, die das Mailing manuell konfektionierten.
Ein gewagtes, teures Experiment. Und dann begann das Warten.
Der Duft, der Emotionen – und Spenden – weckte
Noch bevor die ersten Zahlungen eingingen, liefen in unserer Zentrale die Telefone heiß. Die Empfänger wollten mehr Kerzen! Und dann begannen die Spenden einzutreffen. Das Mailing wurde eines der erfolgreichsten, die wir je umgesetzt hatten.
Unser Instinkt hatte uns nicht getäuscht: Der Duft von echtem Bienenwachs rief bei den Menschen das Gefühl einer Zeit hervor, in der Wachskerzen die Weihnachtsstimmung bestimmten.
Gerüche sind nicht immer leicht ins Fundraising zu integrieren – manchmal sogar unmöglich. Aber es lohnt sich, darüber nachzudenken.
Habt Ihr andere Ideen, wie man Gerüche im Fundraising nutzen könnte? Schreibt Eure Gedanken dazu doch in die Kommentaren.
Wer tiefer in das Thema eintauchen möchte, findet hier einen spannenden Artikel von Harvard Medicine: https://magazine.hms.harvard.edu/articles/connections-between-smell-memory-and-health
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